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LUCIEN F. TRUEB*

Lavoslav Ru�i�ka
(1887 - 1976)

Ein Leben f�r Naturstoffchemie, Alpenblumen
und niederl�ndische Malerei

Zum 100. Geburtstag Leopold Ru�i�kas

Am 13. September 1887. wurde dem K�fer Stjepan Ru�i�ka und seiner Gattin Amalia in slavonischen St�dtchen Vukovar ein Sohn geboren, der auf den Namen Leopold getauft wurde. Es h�tte eine verwegene Phantasie gebraucht, um vorauszusagen, dass Leopold Ru�i�ka dereinst an der ETH Z�rich eine weltber�imte Schule der organischen Chemie gr�nden, den Nobelpreis erringen, der Schweizer chemischen Industrie wichtige Impulse geben und seiner Wahlheimat eine bemerkenswerte Sammlung niederl�ndischer Gem�lde schenken w�rde.

Lebensversicherung zur Studiumsfinanzierung

Leopold Ru�i�kas Vater hatte nur zwei Jahre lang die Volksschule besucht und das K�ferhandwerk gelernt, brachte es aber zum erfolgreichen Holzh�ndier. Seine Beiden S�hne sollten die bestm�gliche Ausbildung erhalten, er schloss eine Lebensversicherung ab, um ihnen dereinst das Hochschulstudium zu finanzieren. Das war ein wichtiger Entscheid, denn der Vater starb, als Leopold erst vier Jahre alt war; auch hatte er kurz zuvor mit spekulativen Holzgesch�ften sein ganzes Verm�gen verloren. Die Mutter kehrte mit den Kindern in ihre Heimatstadt Osijek zur�ck und lebte dort bei zwei unverheirateten Tanten. Ru�i�ka war ein guter, wen auch nicht brillanter Sch�ler; die naturwiessenschaftlichen F�cher interesierten ihn weit mehr als Literatur und Philosophie. Zuerst wollte er zwar Priester werden, doch schliesslich entschied er sich f�r die Chemie.

Nach dem Abitur immatrikulierte er sich an der technischen Hochschule in Karlsruhe. Das Geld von der v�terlichen Lebensversicherung reichte gerade f�r die Studiengelder und einen spartanischen Lebenswandel. Er mietete ein Zimmer bei einem Bahnbeamten, dessen Tochter seine erste Frau wurde.

Schon als Student kombinierte hohe Begabung mit ungeheurem Fleiss; seine Arbeitskraft war ph�nomenal. Unter der Leitung Hermann Staudingers, des Begr�nders der makromolekularen Chemie, begann er schon in vierten Semester gleichzeitig mit seiner Diplomarbeit und der Doktorarbeit; beides schloss er Ende 1910 ab. Staudinger wurde 1912 an die

ETH berufen und nahm Ru�i�ka als Assistenten mit; als sich dieser 1916 zum Privatdozenten habilitierten wollte, verlor er seine Assistentenstelle. Es wurde ihm lediglich ein kleines Laboratorium bewilligt, wo er nicht mehr als drei Stativehaben durftte.

Von Genf �ber Utrecht zur�ck nach Z�rich

Weder als Privatdozent noch als Titularprofessor (was er 1923 wurde) bezog Ru�i�ka von der ETH ein Gehalt. Er war also gezwungen, finanzielle Hilfe bei der chemischen Industrie zu suchen. Unter anderem wurde er von der Gesellschaft f�r chemische Industrie in Basel (sp�ter Ciba), dann von der Riechstoffabrik Chuit et Naef (sp�ter Firmenich) in Genf unterst�tzt.

Dort �bernahm er 1925 die Stelle des wissenschaftlichen Forschungsleiters. Ein Jahr sp�ter erhielt er einen Ruf an die Universit�t Utrecht. In Holland verbrachte er eine gl�chliche Zeit, w�hrend welcher seine Liebe zu den Blumen und zur niederl�ndischen Malerei erwachte. Doch 1929 ging sein alter Traum in Erf�llung: er wurde zum Ordinarius f�r Chemie an der ETH berufen.

Damals galt die ETH-Chemieprofessur als Sprungbrett f�r j�ngere deutsche Dozenten, welche die Verf�gbarkeit einer Anstellung in der Heimat abwarteten. Keiner der Professoren blieb sehr lange, und der Ausbau der Infrastruktur des Laboratoriums wurde vernachl�sigt. Diese Aufgabe �bernahm Ruzicka mit der f�r ihn charakteristischen Energie. Wehrend der drei Jahrzehnte seines Wirkens wuchs und gedieh sein Institut, nicht zuletzt auf der Basis einer f�r beide Seiten h�chst erfreulichen Zusammenarbeit mit der Industrie. Bei der Wahl seiner Mitarbeiter hatte er eine sehr gl�ckliche Hand; viele Bedeutende Chemiker sind aus seinem Institut hervorgegangen.

Mittelm�ssigkeit tolerierte Ru�i�ka nicht, Leute, die in seinen Augen Dummk�pfe waren, konnte er nicht ertragen und behandelte sie mit Geringsch�tzung. Er war im absoluten Sinn Chef und Oberhaupt des Instituts. Seine Atitorit�t war unbestritten: er wurde gef�rchtet, von manchem auch richtiggehend gehasst. Gute Argumente respektierte er jedoch und f�gte sich ihnen. Er konnte manchmal �usserst impulsiv handeln, ohne sich voll zu informieren und sich die m�glichen Folgen seines Tuns zu �berlegen.

Vielgliedrige Ringe, Terpene und Hormone

Die mittleren dreissiger Jahre waren die kreativste Periode in Ru�i�kas Leben, den Nobelpreis erhielt er 1939 f�r seine Arbeiten �ber Polymethylene und h�here Terpene. Es sind dies zwei der wichtigsten Gebiete, auf denen er t�tig war. Ein erster Triumph war die Konstitutionsaufkl�rung der nat�rlichen Moschusriechstoffe Muscon und Zibeton, die damals schwindelerregend teuer waren. Mit einer Reihe eleganter und aussagekr�ftiger Reaktionen zeigte Ru�i�ka, dass es sich um vielgliedrige Ringe mit 15 beziehungsweise 17

Ringverbindungen erkannt. In der Folge synthetisierte er die ganze Reihe der damals neuartigen Ringverbindungen mit 9 bis 34 Gliedern.

Von den Terpenen war Ru�i�ka sein Leben lang fasziniert. Es handelt sich um Verbindungen, die �berall in der Natur vorkommen und unter anderem wichtige Bestandteile der �therischen �le sind. Ru�i�ka erkannte dass sich das Kohlenstoffger�st der Terpene aus dem einfachen Kohlenwasserstoffger�st des Isoprens ableiten l�st. Monoterpene erhalten zwei Isopreneinheiten; dazu geh�ren

Menthol, Pinen und Campher, Sesquiterpene sind aus drei Isoprenresten aufgebaut, Diterpene (zum Beispil die Abietins�ure aus Kolophonium) aus. vier, Triterpene wie Lanosterin (das im Wollfett vorkommt) aus sechs Isoprenresten. Zu den Tetraterpenen geh�ren die aus acht Isoprenresten bestehenden Pflanzenfarbstoffe (sogenannte carotinoide), zum Beispiel die Carotine aus Karoten.

Aus dem im Haifisch�l vorkommenden Triterpen Squalen entstehen in vivo �ber das Lanosterin Sterine und Steroide, zu denen die Nebennierenhormone (zum Beispiel Cortison), die Sexualhormone sowie eine F�lle weiterer, biologisch �usserst wichtiger Wirkstoffe geh�ren. Eine der Glanzleistungen Ru�i�ka war die Partialsynthese der Geschlechtshorrnone Androsteron und Testosteron durch den Abbau von nat�rlicheii, weitverbreiteten Colesterinderivaten. Diese Synthesen waren f�r die Entwicklungder Schweizer chemischen Industrie von gr�ster Bedeutung.

Ein sparsmer "Sklavenhalter"

Ru�i�ka pflegte seinen Studenten einzusch�rfen, dass die akademische Freiheit darin bestehe, dass man viel mehr arbeiten d�rfe als vorgeschrieben. Von seinen Mitarbeitern und vor allem von sich selbst forderte er ein Engagement, das sehr weit �ber dem Durchschnitt lag. Seine Vorlesung begann stets p�nktlich um 8 Uhr 15; um 9 Uhr wollte er eine Liste der noch nicht zur Arbeit erschienenen Mitarbeiter auf seinem Schreibtisch haben. Zweimal t�glich machte er die Runde durch das Institut, verteilte seinen Doktoranden und Mitarbeitern pers�nlich die Analysenresultate und besprach sie mit ihnen.

Trotz den Eink�nften von seinen Patenten lebte Ru�i�ka sehr einfach und blieb (in kleinen Dingen) �usserst sparsam. So klebte er zum Beispiel seine Seifenreste zusammen; im Labor bewahrte er gebrauchte Streichh�lzer auf, um die Flamme eines Bunsenbrenners auf den n�chsten zu �bertragen. Bei seinen Rundg�ngen im Institut l�schte er �berall das Licht, wo es nicht ben�tigt wurde. W�hrend des Zweiten Weltkrieges akkumulierten sich in den USA Patentenlizenzeink�nfte von dreieinhalb Millionen Franken. Ru�i�ka konzentrierte sich dann zwe Jahre lang auf den Ankauf einer Gem�ldesammlung und wurde dabei ein echter Experte f�r niederl�ndische Malerei. Die Bilder schenkte er dem Z�richer Kunsthaus. In der Musik sch�tzte er besonderes J. S. Bach, weil man,so sagte er, dabei so herrlich �ber

Triterpene nachdenken k�nne. Er nahm einen deutlichen Abstand vom sogenannten Intellektualismus und verstand nicht, warum man in B�chern endlos in offenbar krankhaft veranlagten Seelen herumstochert. Zudem war er der Ansicht, dass sein eigenes Innenleben viel interessanter sei als alles, was es zu lesen gab.

Mit den Jahren wurde Ru�i�ka die Routinearbeit �berdr�ssig; er konzentrierte sich auf die allgemeinen Aspekte der Chemie sowie auf seine Management- und F�hrungsaufgaben. In den Laboratorien, die er seinen Mitarbeitern �berliess, sah man ihn nur noch selten. Er wollte es vermeiden, von einem Anf�nger �ber die praktische Ausf�hrung einer der neuen Reaktionen befragt zu werden, die er nicht mehr beherrschte. Doch in allen anderen Belangen gaben ihm seine fr�heren Erfolge einen starken R�ckhalt.

Mit der Obrigkeit jeder Art, gekr�nt und ungekr�nt, verkehrte er mit gr�ster Selbstverst�ndlichkeit. Blumen hat Ru�i�ka immer sehr geliebt. Er war ein leidenschftlicher Farbfotograph, zuerst mit dem alten Autochrom-Verfahren, dann mit den neu aufkommenden Farbfilmen, mit denen er Tausende von prachtvollen Diapozitiven schoss. Auch hate er den Ehrgeitz, besonderes sch�ne Blumen selbst zu ziehen. In seinem Garten wuchsen bis zu zweitausend verschiedene Pflanzenarten, vor allem Alpenblumen und Rosen; er hatte auch viele prachtvolle Koniferen.

Ein Materialist und Reduktionist

In jungen Jahren hatte Ru�i�ka mit grosser Begeisterug Haeckels "Weltr�tsel" gelesen: das Buch beeinflusste ihn stark und pr�gte seine sp�tere Einstellung als Atheist und Materialist. Die Entstehung des Lebens betrachtete er als Folge der Selbstorganisation der Materie, ein Problem, das ihn sehr interesierte. In seinen sp�teren Jahren besch�ftigte er sich intensiv mit Biochemie; es war seiner Initiative zuverdanken, dass an der ETH ein Lehrstuhl f�r diese Disziplin geschffen wurde. Mit besonderer Faszination las Ru�i�ka alles, was mit pr�biotischen Ph�nomenen zu tun hatte. Besonderes sch�tzte er Werk des russischen Biochemikers Alexandar Oparin, den er persenlich kannte. Er war begeistert, als 1953 Watson.und Crick ihr Modell der DNA-Struktur und - Replikation publizierten: das war f�r ihn ein grosser Triumph der Wissenschaft.

Nach dem Krieg endeckte Ru�i�ka seine slavische Seele; er setzte sich sehr f�r den Wideraufbau Jugoslawiens ein, wo er heute als eine Art Heiliger verehrt wird. Er wurde von Marschall Tito mehrmals empfangen und betrachtete ihn als seinen Freund. Seine Polen- und Russlandfreundlichkeit war panslavistisch gef�rbt. Linksideologen lachte er jedoch immer aus; politische B�cher hat er nie gelesen, und er pflegte zu sagen: "Meinen Kommunismus mache ich selbst". Seine Freunde schreiben es seiner Farbenblindheit zu, dass Ru�i�ka (als gleichzeitiges Mitglied der sowjetischen und der p�pstlichen Akademie) das Kardinalsrot vom Rot der sozialistichen

Fahnen nicht unterscheiden konnte! Er war Mitglied vieler �stlichpazifistischer Organisationen und nahm an Versammlungen gegen Atomwaffen teil. Nach der Niederwalzung des ungarischen Aufstandes von 1956 nahm sein Interesse der Politik stark ab.

Wandtafeln voller Formeln

F�r die Studenten, die in den sp�ten vierziger und in den f�nfziger Jahren an den Abteilungen IV, V und X der ETH die Vorlesung Organische Chemie II belegten, war der Nobelpreistr�ger Ru�i�ka ein Grand Old Man par excellence. Er hatte ja all das erreicht, von dem wir Studenten kaum zu tr�umen wagten: er war reich, br�hmt und konnte sich allerlei Schrullen wie auch eine ph�nomenale Selbstsicherheit leisten. F�r uns alle war er "der Rutsch", den man respektierte und vor dem man sich ein bisschen f�rchtete, vor allem wegen seiner strengen Pr�fungen. Seine Vorlesung bestand darin, Wandtafel nach Wandtafel mit chemischen Reaktionsformeln vollzumalen, was man mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgte und mit Binenfleiss kopierte. Gelegentlich verirrte sich ein f�nfwertiger Kolhlenstoff auf die Tafel, was die Zuh�rer mit lautem Trampeln quittierten.

Ru�i�ka war der Ansicht, dass das Erlernen und formelm�ssige Hantieren eines m�glichst breiten Spektrums von Reaktionen zum untentberlichen beruflichen R�stzeug des organischen Chemikers geh�rte.

Die Quantenchemie k�mmerte ihn wenig, obwohl es ihm klar bewusst war, wie wichtig die physikalischen Aspekte der von ihm als Erfahrungswissenschaft empfundenen und gelehrten organischen Chemie war. Ein generationenlang herumgebotenes Bonmot von ihm war: "Von der Physik brauchen wir nur die Stative". Auch soll er einmal gesagt haben: "Der Physiker versteht nichts von Chemie, der Chemiker versteht nichts von Physik; da k�nnen Sie sich ausmalen, was der Physikochemiker �berhaupt versteht".

Doch ausgerechnet Ru�i�ka f�rderte die Molekularspektro-skopie, alle modernen Methoden der physikalischen organischen Chemie und die R�ntgenstrukturanalyse, indem er brilliante junge Leute mit solchen Interessen anstellte und ihnen die Gelegenheit gab, sich zu habilitieren. Es ist also kein Zufall, dass f�nf Ordinarien f�r physikalische Chemie an Schweizer Hochschulen aus seinem Institut kamen. Als er beim Schulrat den Ankauf des ersten Infrarotspektrographen durchsetzte, bemerkte ein Kommisionsmitglied: "Wenn ich Sie richtig kenne, Ru�i�ka, haben Sie den Apparat bereits bestellt". "Sie irren sich, Herr Kollege", erwiederte Ru�i�ka; "er l�uft im meinem Labor schon seit einem halben Jahr."

Klassische Rutsch -Anekdoten

Ru�i�ka war ein Meister im Beschffen von Geld f�r sein Institut. Als einen modernen Neubau brauchte und die Eidgenossenschaft daf�r zu wenig Geld hatte, "organisierte" er bei der chemischen Industrie eine Subvention von zwei Millionen Franken. Nach einiger Zeit tauchte er in Basel auf und jammerte von der Teuerung: er brauchte noch eine Milion. Sechs Monate sp�ter war er wieder da: die Bauteuerung hatte anscheinend gew�tet wie noch nie, f�r den urspr�nglichen Preis gab es nur noch einen Rohbau - ohne eine zus�tzliche Million ging einfach nichts mehr.

Doch einer der ciba-Direktoren war Ru�i�ka auf die Schliche gekommen und erkundigte sich, wie oft er denn noch mit Bitten nach einer Weiteren Million zu kommen gedenke. Ru�i�ka, offen und schlagkr�ftig wie immer, antwortete: "Wenn Sie schon fragen: noch drei mal". Man bewilligte ihm schliesslich die vier Millionen und sach ihm in dieser Sache nicht mehr. Mit dem anvertrauten Geld ging er �userst sparsam um; doch seine Buchhaltung bestand aus Zettelchen, die er in der Westentasche herumtrug, und machte einen ziemlich chaotischen Eindruck.

Ru�i�ka hasste das Naziregime, und er verachtete die Weise, in der sich die meisten deutschen Dozenten mit dem Regime arrangierten, auch wenn sie es nicht offen unterst�tzten. Als 1938 in Rom der internationale Chemiekongress stattfand und ein Chemiker aus unserem n�rdlichen Nachbarland ein Referat �ber freie Fetts�uren hielt, stellte Ru�i�ka sarkastisch die Frage: "Gibt es denn in Deutschland �berhaupt noch freie Fetts�uren?"

Ein Mitarbeiter Ru�i�ka hatte sich in eine Schauspielerin verliebt, die Sache hatte ein ungl�kliches Ende, und der Betroffene musste sich, psyhiatrisch behandeln lassen. Er suchte den Chef auf, um ihm mitzuteilen, dass er eine Zeitlang nur noch morgens im Labor sein w�rde, weil er am Nachmittag zur Psyhoanalyse gehen m�sse. Ru�i�ka fixierte ihm durch seine Brillengl�ser und rief aus: So! Eine Seele haben Sie auch!"

Im Alter von 89 Jahren musste sich Ru�i�ka einer Prostataoperation unterziehen, die an sichgelang, doch ertrug er die Narkose schlecht. Er wurde zur Rehabilitation nach Mammern am Bodensee in die Klinik gebracht; dort schwanden seine Kr�fte rasch. Er sprach immer wieder �ber seine Jugend, und zwar auf kroatisch, so dass ihn das Klinikpersonal nicht mehr verstand. Einige Tage vor seinem Tod verabschiedete er seinen Nachfolger Prelog mit den Worten: "Ich bin sehr m�de. Lassen Sie mich jetzt mit meiner Vergangenheit ins Bett gehen".

Nachwort

�ber die Entstehung des obigen Artikels k�nnte man wieder einen ganzen Artikel schreiben, aber ich wil diese Ereignisse nur kurz zusammenfassen. F�r Cherniestudenten an der ETH Z�rich (zu denen auch ich geh�rte), waren die organische Chemie f�r Fortgeschrittene und die Biochemie wichtige Pflichtf�cher. Diese Vorlesungen gab damals der kurz vor der Emetitierung stehende Leopold Ru�i�ka. Meine Kollegen und ich fanden diese Vorlesungen ziemlich langweilig und altmodisch, aber wir waren eben verw�hnte Kinder. Schon zwei Jahre zuvor hatten wir n�mlich mit gr�sster Begeisterung die von Ru�i�kas sp�terem Nachfolger Vladimir Prelog gehaltenen Grundvorlesungen geh�rt. Prelog dozierte die moderne Quantenchemie auf wunderbar lebendige und anschauliche Weise. Fast alle von uns gelobten, einst bei ihm zu promovieren und viele taten es auch - ich selbst geh�rte zu den Ausnahmen.

Als Wissenschaftsjournalist traf ich Prelog viele Jahre sp�ter an einer Tagung der Nobelpreistr�ger in Lindau wieder. Er hielt dort auf seine �bliche, brillante Art einen Vortrag mit dem Titel "R�ckblick auf 118 Semester Chemiestudium". Prelog betrachtete sich n�mlich zeitlebens als Lernenden und akkumulierte die Semester auch als Professor. Nach der Emeritierung schrieb er sich als Fachh�rer an der ETH ein und "studierte" mit sichtlichem Vergn�gen weiter. Erst das 146. Semester schloss er nicht mehr ab. Seinen Lindauer Vortrag publizierte ich aufgrund meiner Aufzeichnungen, und das brachte Prelog wohl auf den Gedanken, dass ich auch den im September 1987 f�lligen Artikel zum 100. Geburstag Ru�i�ka schreiben sollte.

Ich sagte gerne zu, ohne zu ahnen, auf was ich mich da einliess. Die erste Unterredung mit Prelog verlief noch sehr harmlos: er gab mir einen Stoss wissenschaftlicher und biografischer Artikel �ber Ru�i�ka, wir plauderten �ber das Konzept des Artikels, tauschten Erinnerungen und Anekdoten �ber den einstigen "Diktator" des Organisch-Chemischen Instituts aus. Eine Woche sp�ter war der Artikel meiner Ansicht nach fertiggestellt, doch musste ich erfahren, dass dies nur der allererste Anfang gewesen war. Denn von nun an verbrachte ich Woche f�r Woche jeweils einen vollen Nachmittag in Prelogs B�ro. Dabei wurde jedes Wort meines Aufsatzes buchst�blich auf die Goldwaage gelegt, jeder Satz in allen m�glichen Varianten gepr�ft, jede wissenschaftliche Aussage auf die gr�sstm�gliche Akribie getrimmt. Und parallel dazu kamen Prelog immer wieder neue Anekdoten und Witze in den Sinn, von denen er Hunderte kannte. Er selbst ver�nderte kaum etwas am meinem Manuskript. Aber durch geschicktes Fragen und Hinterfragen brachte er mich stets auf die von ihm gew�nschte Formulierung. Meistens ging es etwas lange, doch hatte ich nie den Eindruck, einfach ein Ghostwriter zu sein. Der Artikel war meine Arbiet, und wurde als solche publiziert; er war aber auch die schwierigste Pr�fung, die ich je zu bestehen hatte. Nach jeweils drei oder vier Stunden solcher Schufterei war ich v�llig ersch�pft und musste mich verabschieden. Prelog begleitete mich jedesmal mit t�nzerisch-leichten Schritten auf den Flur und �ffnete mir die L�ftt�r. Er war damals 81.

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*Dr. Lucien F. Trueb, Ebmatingen-Z�rich; Artikel aus Neue Z�richer Zeitung von 1 1. Septinber 1987

 

 

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