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Libra - �asopis Hrvatskog kulturnog kluba
 

"blindekuh"

„blindekuh“ ist der Name eines Restaurants in Zürich, in dem die Hauptspezialität (obwohl das Essen auch ganz toll ist) die Dunkelheit ist. In dieser Welt werden die Sehenden von Blinden geführt und bedient. Ein sehender Mensch taucht von einer Sekunde auf die andere in die lichtlose Welt eines blinden Mitmenschen ein und erlebt Überraschendes: Der Blick wird nach innen gerichtet, die Kommunikation ist intensiver, weil sie ja überlebenswichtig ist, und der Ego-Trip, auf dem sich heute so viele Menschen befinden, verschwindet. Man riecht, fühlt, schmeckt und lernt Stimmen und ihre Schönheit kennen.

Das Restaurant wurde im September 1999 in Zürich geöffnet als Projekt der gemeinnützigen Stiftung „Blind-Liecht“ und ihren blinden oder sehbehinderten Gründern: Psychologe Stefan Zappa, Pfarrer Jürg Spielmann, Sozialarbeiterin Andrea Blaser und Sänger Thomas Moser. Ausser gutem Essen gibt es auch sehr interessante Kultur- und Kursangebote.

Wo ist die Tür? Das ist mein einziger Gedanke. Ich sitze klein und verloren auf dem Stuhl in einem Restaurant, in dem die Finsternis der ultimative Kick sein sollte, und lausche den schlurfenden Schritten der blinden Kellnerin. Das macht sie, damit wir sie hören können, um kaputte Teller zu vermeiden.

Ich wusste es, ich wusste, dass ich mit totaler Dunkelheit grosse Mühe haben werde, ich, bei der die Rollos in der Nacht immer oben sind. Der Herr, der die Kontrolle hat und bestimmt auch weiss, wo die Toilette ist, unser Kursleiter, sitzt zum Glück mir gegenüber.

Das Essen ist erstaunlich gut, mit dem Besteck habe ich eher Probleme, häufig führe ich die leere Gabel in den Mund. Ich traue mich, auch mit Händen zu essen, sieht ja niemand, wie befreiend und schön!

Warum habe ich, um Gottes Willen, die Kontaktlinsen eingesetzt? Weil ich mich so anstrenge, doch noch etwas zu sehen, habe ich Angst, sie zu verlieren. Man sieht nichts, absolut, rein gar nichts.

- Wer sich nicht meldet, existiert nicht, sagt der Kursleiter und wir sprechen viel, kommentieren das Essen, tasten nach dem Glas und sind noch bemüht, andere  nicht anzufassen. Ist ja nicht höflich.

Im Gespräch sage ich zum Kursleiter:
- Du weisst nicht, mit wem du jetzt sprichst, stimmt’s?
- Volim te (auf Kroatisch: ich liebe dich), war seine Antwort.
Ich konnte es fast nicht glauben und bat ihn, es zu wiederholen.
- Volim te.
- Das habe ich schon lange nicht mehr gehört, muss ich zugeben. Mein Freund sagt immer nur: i ha di gärn (ich habe dich gern). Was bedeutet das überhaupt? Du putzt so gut? Oder kochst gern?

Alle lachen und das Gespräch wird immer lebendiger. Der Kursleiter erzählt darauf von seiner Jugendliebe zu einem schönen kroatischen Mädchen, als er seine Ferien in Dalmatien verbrachte. Die Dunkelheit hatte auf einmal Farben, warme, tiefsinnige, verspielte.

Ich habe viele Hände und viele Stimmen an diesem Tag kennen gelernt, auch eine Frauenbrust. Ich hatte sie auf einmal in der Hand, als ich versuchte, mich zu orientieren. Die Frau konnte nicht mehr aufhören zu lachen.

Es fiel mir schwer, die Dunkelheit zu verlassen. Die Welt draussen war unglaublich grell und die Augen übernahmen mit Mühe und Widerwillen alle Funktionen und Verantwortung, die sie bisher hatten. Wir standen da, ein bisschen verlegen, fragten uns nach dem Namen und staunten, wie anders als erwartet die Menschen aussahen, die wir im Dunkeln kennen gelernt hatten. Die Körper waren eine auf einmal so klar erkennbare Barriere, die man nicht einfach so berühren durfte. Ist ja nicht höflich. Das Lachen war wieder gezähmt, gut erzogen.

Als ich am Bahnhof Zürich stand und auf den Zug wartete, fühlte ich mich wie ausgewechselt. Das Herz war voll und plapperte unermüdlich wie ein Kind, das die alte Welt und ihre Wärme, Spontaneität und Unmittelbarkeit wiedergefunden hatte.


Text: Jadranka Soldo
 
Aus der Libra Nr. 24, Zeitschrift des Kroatischen Kulturklubs

 

 

 
 
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